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Doppelbrechung

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Irene Kramer-Schwenk

Schwingungen und WellenOptik, Phänomen, dass ein Lichtstrahl beim Durchgang durch einen optisch anisotropen Körper in zwei Lichtstrahlen aufgespalten wird, die sich unabhängig voneinander mit unterschiedlichen Lichtgeschwindigkeiten ausbreiten. Das Phänomen wurde erstmals 1669 von E. Bartholinus bei der Lichtausbreitung in Kalkspat (Calcit) beobachtet (Abb. 1). Der eine Strahl breitet sich gemäss dem Snelliusschen Brechungsgesetz aus und heisst ordentlicher Strahl (im französischen Original "rayon ordinaire"; o-Strahl), der andere Strahl folgt diesem Gesetz nicht und heisst ausserordentlicher Strahl (franz. "rayon extraordinaire"; e-Strahl). Beiden Strahlen kann man unterschiedliche Brechzahlen no und ne zuordnen, deren Differenz für die Stärke der Doppelbrechung charakteristisch ist. Aus den unterschiedlichen Brechzahlen und dem Huygensschen Prinzip lassen sich die unterschiedlichen Strahlrichtungen erklären (Abb. 2). ne ist abhängig von der Strahlrichtung und wird üblicherweise senkrecht zur optischen Achse des Kristalls angegeben. Entsprechend dem Vorzeichen der Differenz ne - no spricht man von optisch negativen oder optisch positiven Kristallen.

Beide Strahlen sind linear polarisiert, da sich in einem anisotropen Medium nur linear polarisierte Wellen ausbreiten können. Doppelbrechende Medien wirken also als Polarisatoren. Die Polarisationsrichtungen von e- und o-Strahl stehen aufeinander senkrecht, wobei eine Richtung mit dem Hauptschnitt des Kristalls zusammenfällt. Der Strahlhauptschnitt bezeichnet diejenige Ebene, die aus der optischen Achse des Kristalls und dem Einfallslot des Lichtstrahls aufgespannt wird. Fällt diese Ebene mit der Einfallsebene zusammen, werden ordentlicher und ausserordentlicher Strahl nicht getrennt. In jedem anderen Fall wird der e-Strahl aus der Einfallsebene herausgebrochen (Abb. 3). In optisch negativen Kristallen wie Kalkspat vergrössert sich dabei der Winkel zwischen optischer Achse und e-Strahl. In optisch positiven Kristallen wie Quarz kehrt sich der Effekt um, und der Winkel zwischen e-Strahl und optischer Achse wird kleiner.

Gibt es in einem Kristall zwei Achsen, in denen o- und e-Strahl zusammenfallen, d.h. auch zwei optische Achsen, handelt es sich um einen optisch zweiachsigen Kristall. In Richtung der optischen Achse ist ein Kristall jeweils optisch isotrop. Stoffe, die in zunächst jeder Richtung optisch isotrop sind wie z.B. Glas, können durch äussere Einflüsse wie Druck oder elektrische Felder anisotrop werden. Man spricht dann von induzierter oder akzidentieller Doppelbrechung. Man unterscheidet dabei elektrooptische Effekte (z.B Kerr-Effekt), bei denen ein optisch isotropes Medium beim Anlegen eines elektrischen Feldes optische Doppelbrechung zeigt, und magnetooptische Effekte (z.B. Cotton-Mouton-Effekt), bei denen die Doppelbrechung durch das Anlegen eines magnetischen Feldes induziert wird. [MG2]

 Doppelbrechung: Beispiele für ne und no (l = 589,3nm).

Material

no

ne

ne - no

Kalkspat

1,6584

1,4864

 - 0,1720

Quarz

1,5442

1,5533

 + 0,0091

Wassereis

1,309

1,313

 + 0,004

 

Doppelbrechung

Doppelbrechung 1: Beispiel für die Doppelbrechung in einem Kalkspat-Rhomboeder.

Doppelbrechung

Doppelbrechung

Doppelbrechung 2: a) Ausbreitung von ordentlichem (o) und ausserordentlichem (e) Strahl nach dem Huygensschen Prinzip. b) Die Polarisationsrichtungen von e- und o-Strahl stehen senkrecht aufeinander.

Doppelbrechung

Doppelbrechung 3: Schema der Doppelbrechung an einem Kalkspat-Rhomboeder; perspektivische Darstellung (schraffiert: Hauptschnitt); o: ordentlicher Strahl, e: ausserordentlicher Strahl.

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