Ergodenhypothese
Thermodynamik und
statistische Physik, von L. Boltzmann 1887 aufgestellte Annahme über die Dichte
der Trajektorien eines statistischen Ensembles im Phasenraum.
Obwohl sich die exakte Phasenraumtrajektorie eines klassischen
statistischen Systems mit N Freiheitsgraden aus der
Lösung der Hamiltonschen Bewegungsgleichungen als eindeutige Bahn, also im
geometrischen Sinne als eindimensionales Objekt, ergibt, zeigt sich, dass diese
Trajektorie für die meisten nicht streng periodischen Bewegungen im Laufe der
Zeit mehr oder minder vollständig die gesamte (N -
1)-dimensionale, durch die Energieerhaltung vorgegebene Hyperfläche des
Phasenraums überstreicht. In der Ergodenhypothese ist dieser Sachverhalt durch
die Forderung formuliert, dass jeder im Rahmen der Energieerhaltung erlaubte
Phasenraumpunkt beliebig dicht von einer vom System im Laufe eines grossen
Zeitraums tatsächlich durchlaufenen Phasenraumbahn tangiert wird.
Makroskopische Systeme, die diesem Postulat gehorchen, werden als ergodisch,
hingegen solche, die einen Teil der Energiehyperfläche nicht berühren, als
nichtergodisch bezeichnet.
Die wichtige Folgerung dieser Hypothese ist, dass es
gleichgültig ist, ob eine aus einer mikroskopischen Grösse abgeleitete
makroskopische Grösse als Mittelwert längs der Zeitachse über einen kleinen Teil
des Systems oder aber zu einem festen Zeitpunkt über alle Partikel des
Ensembles gebildet wird. Der Ensemble- oder Scharmittelwert und das zeitliche
Mittel einer Grösse B sind also gleichwertig,
,
so dass die Notwendigkeit der Lösung der Bewegungsgleichungen
zur Beschreibung des Systems entfällt.
Trotz vieler Bemühungen ist es nicht zuletzt aufgrund der
Komplexität der mathematischen Behandlung dieses Gebietes bis heute strittig,
inwieweit die Ergodenhypothese als notwendiges Postulat für den Aufbau der statistischen
Physik gelten muss (Ergodentheorie). Offensichtlich kann aber die
Austauschbarkeit von Zeit- und Ensemblemittel nur für zeitunabhängige
makroskopische Grössen Gültigkeit haben, so dass dieses Theorem nicht als
Grundlage dynamischer makroskopischer Theorien angesehen werden kann.
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