Gasspurkammer
Teilchenphysik, ein
gasgefüllter Detektor zum Nachweis der Bahnspuren geladener Teilchen. Die
Wirkungsweise von Gasspurkammern beruht auf einer gesteuerten Erzeugung von
Elektronenlawinen aus freien Elektronen einer primären Ionisationsspur, die ein
beschleunigtes Teilchen im Gas hinterlässt. Die Auslösung der Gasverstärkung
erfolgt mit Hilfe eines elektrischen Hochspannungsimpulses, der nach dem
Durchgang eines Teilchens an die Elektroden gelegt wird.
Man unterscheidet Gasspurkammern mit photographischer (optischer)
und filmloser Registrierung der räumlichen Orientierung von Bahnspuren. Zu den
optischen Gasspurkammern zählen die Funkenkammer und die Streamerkammer. Bei
der filmlosen Registrierung werden entweder die elektrischen Ladungsträger der
Elektronenlawinen selbst oder sekundäre Effekte beim Funkenüberschlag, wie
Schallwellen oder Magnetfelder, verwendet. Die filmlosen Gasspurkammern, zu
denen die Drahtfunkenkammer, die Proportionalkammer, die akustische
Funkenkammer und die magnetostriktive Funkenkammer gehören, unterscheiden sich
wenig von den gasgefüllten Zählern (Funkenzähler).
In der Funkenkammer wird die Gasentladung durch entsprechende
Wahl der Zeitdauer des elektrischen Hochspannungsimpulses erst dann
unterbrochen, wenn sich der Entladungskanal zwischen den Elektroden der Kammer
ausgebildet hat. Unter bestimmten Bedingungen folgt die Gasentladung der
Bahnspur bis zu Winkeln von < 50° zur elektrischen Feldrichtung.
Soll eine Gasspurkammer als Streamerkammer betrieben werden,
wird der Hochspannungsimpuls so kurz bemessen, dass die Entwicklung der
Elektronenlawinen beim Erreichen einer bestimmten kritischen Grösse unterbrochen
wird. Letzteres ist dann der Fall, wenn das Raumladungsfeld im Lawinenkopf mit
dem äusseren Feld in der Kammer vergleichbar wird. Durch diese Betriebsweise
kommt es nicht zur Ausbildung eines Gasentladungskanals zwischen den
Elektroden, vielmehr bleibt die Entladung auf das Anfangsstadium der »Streamer«
(Elektronenlawinen, die durch Photoionisation entstehen) begrenzt. Die Atome
des Füllgases werden dadurch in unmittelbarer Nähe (etwa ± 1 mm) der
primären Ionisationsspur zur Lichtemission angeregt. Die Teilchenspur wird in
Form einer doppelten Perlschnur (positive und negative Streamer) sichtbar. Die
Lage der Perlschnur ist von der elektrischen Feldrichtung unabhängig. Dadurch
gelingt es mit einer Streamerkammer, Bahnspuren mit beliebiger räumlicher
Orientierung zu registrieren. Aus der Dichte der Spurpunkte einer
Streamerkammer-Filmaufnahme kann man auf die Ionisationseigenschaften der Teilchen
bis zu sehr hohen Energien schliessen.
Die akustische Funkenkammer besteht im einfachsten Fall aus
einem Parallelplattensystem mit mehreren Mikrophonen für die Registrierung der
vom Funkendurchschlagsort ausgehenden Schallwellen. Die Koordinaten der am
Teilchendurchgangsort erzwungenen Gasentladung erhält man durch Messung der
Laufzeit der Schallwellenfront zu den versetzt angeordneten Mikrophonen.
Die Drahtfunkenkammer (Drahtkammer) arbeitet mit einem
Elektrodensystem aus dünnen Drähten, die um 90° verdreht angeordnet sind. Hier
erfolgt eine Registrierung der elektrischen Stromimpulse auf den Drähten beim
Funkendurchschlag. Betreibt man eine Drahtfunkenkammer im Proportionalbereich
der Gasverstärkung, so lässt sich die Arbeitsgeschwindigkeit der Kammer
wesentlich erhöhen und ausserdem durch Amplitudenmessungen noch Information über
die Ionisationseigenschaften der einfallenden Teilchen gewinnen. Derartige
Drahtfunkenkammern heissen Proportionalkammern.
Bei der magnetostriktiven Funkenkammer bestehen die Elektrodendrähte
aus ferromagnetischem Material. Durch mechanische Deformation der Drähte
infolge des bei der Gasentladung entstehenden starken Magnetfelds
(Magnetostriktion) werden akustische Wellen erzeugt, die an den Drahtenden über
Spulen gemessen werden können. Die Koordinatenmessung des
Teilchendurchgangsorts wird auf eine Zeitmessung zwischen Funkendurchschlag und
Spulensignal zurückgeführt.
<< vorhergehender Begriff |
|
nächster Begriff >> |
|
|
|
Diese Seite als Bookmark speichern :
|