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dünne Schichten

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Karl-Wilhelm Steinfieber

Oberflächen- und Grenzflächenphysik, dünne Filme, Thin Films, Atom- bzw. Molekülaggregate, die sich auf einem festen oder flüssigen Substrat befinden und deren vertikale Abmessung (Schichtdicke) mit maximal 20mm wesentlich kleiner als die laterale Ausdehnung ist. Dünne Schichten haben sowohl Festkörpereigenschaften als auch spezielle Eigenschaften, die sich aus ihrer Geometrie ergeben. Schichten mit Dicken  > 20mm werden auch dicke Schichten genannt. Die Schichtdicke von dünnen Schichten kann weniger als eine Monolage (diskontinuierliche atomare bzw. molekulare Adsorptionsschichten) oder auch einige Mikrometer betragen. Bedeckt die Schicht nicht vollständig das Substrat, was insbesondere bei Schichten  < 10nm häufig der Fall ist, wird von einer diskontinuierlichen Schicht gesprochen. Eine freitragende dünne Schicht kann auch als Membran bezeichnet werden. Freitragende dünne Schichten mit Schichtdicken im Nanometerbereich können im täglichen Leben z.B. als Interferenzfarben an Seifenblasen oder Ölfilme auf Flüssigkeiten (Newtonsche Ringe) beobachtet werden. Dünne Schichten auf festen Substraten finden breiteste technische Anwendung, für ihre Herstellung (Beschichtung) wurden verschiedene Beschichtungstechnologien entwickelt, vor allem die chemische Gasphasenabscheidung (CVD), die physikalische Gasphasenabscheidung (PVD), die Eintauchbeschichtung und die Schleuderbeschichtung.

Dünne Schichten entstehen im allgemeinen durch einen Aufwachsprozess von Atomen bzw. Molekülen auf einem Substrat. Die erste Stufe dieses Aufwachsens, während der einzelne Atome bzw. Moleküle auf dem Substrat adsorbiert oder auch in die Kristallstruktur des Substrats eingebaut werden, wird als Keimbildung bezeichnet. Das weitere Wachstum der Schicht kann auf verschiedene Weise erfolgen. Beim Inselwachstum (Volmer-Weber-Wachstum) bilden sich grössere Kristallite bzw. Aggregate, die erst spät zu einer geschlossenen Schicht zusammenwachsen. Eine so entstandene Schicht besitzt eine grosse Oberflächenrauhigkeit. Bildet sich während der Keimbildung zunächst eine monoatomare geschlossene Schicht und wächst die Schicht auch weiter in Form von einzelnen Monolagen, wird das Aufwachsverhalten als Frank-van-der-Merwe-Wachstum bezeichnet. Weiterhin ist es möglich, dass nach der ersten Monolage die Schicht weiter in Form von Inseln aufwächst (Stranski-Krastanow-Wachstum).

Der Aufbau einer kontinuierlich dünnen Schicht gliedert sich in einen oberflächennahen Bereich, das eigentliche Schichtvolumen, in dem sich (z.B. bei Metallschichten) eine Kristallstruktur herausbilden kann, und einen substratnahen Bereich. Besonders dieser Bereich bestimmt zusammen mit den inneren Spannungen im Schichtvolumen die Haftfestigkeit der dünnen Schicht. Im Schichtvolumen können vertikale und laterale Inhomogenitäten (Gradientenschichten) auftreten.

Dünne Schichten können nach dem entstehenden Material in Metallschichten, Halbleiterschichten und Polymerschichten eingeteilt werden. Besteht das Schichtvolumen nicht aus einem einheitlichen, sondern verschiedenen Materialien, so wird von Kompositschichten gesprochen. Werden Schichten aus unterschiedlichen Materialien übereinander hergestellt, ohne dass sich die einzelnen Schichten vermischen, entstehen Mehrlagenschichten. Dabei kann es jedoch zu diffusiver Vermischung zwischen den einzelnen Schichtlagen kommen (Diffusion).

Die Schichtdicke kann über eine Massenbestimmung (Schwingquarzmessung), mechanische Abtastung (Tastschnittverfahren) oder durch optische Interferometrie (Tolanski-Interferometer) bestimmt werden (Schichtdickenmessung). Zur mikrostrukturellen Charakterisierung von dünnen Schichten eignen sich besonders Methoden der Festkörperanalytik wie die Elektronenmikroskopie, die optische Spektroskopie und Elektronenspektroskopie sowie oberflächensensitive Untersuchungsmethoden wie die Rastertunnelmikroskopie. [AH]

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