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Wasserwellen

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Manfred Schönborn

Schwingungen und Wellen, Sammelbegriff für Wellenerscheinungen, die im Wasser bzw. in jeder beliebigen Flüssigkeit auftreten. Auf einer ruhigen Wasserfläche beobachtet man häufig feine Kapillarwellen, die auch Kräusel- oder Rippelwellen genannt werden. Dabei handelt es sich um Wellen, die unter dem Einfluss der Oberflächenspannung entstehen und deren Phasengeschwindigkeit mit zunehmender Wellenlänge abnimmt – man spricht von anomaler Dispersion. Dies hat zur Folge, dass die Gruppengeschwindigkeit, mit der sich ein Wellenpaket fortpflanzt, grösser als die Phasengeschwindigkeit ist. Die Wellengruppe läuft daher der Wellenquelle voraus. Hält man einen Bleistift in ganz langsam strömendes Wasser, so findet man die Kapillarwellen als ganz feine Riffelung der Wasseroberfläche stromauf.

Häufig sind Kapillarwellen den längeren, unter dem Einfluss der Gewichtskraft entstehenden Schwerewellen überlagert, deren Phasengeschwindigkeit mit wachsender Wellenlänge zunimmt (normale Dispersion) und grösser als die Gruppengeschwindigkeit ist. Am Kopf einer Wellengruppe verschwinden also Wellen, und am Ende der Gruppe bilden sich neue.

Diese Eigenschaft tritt aber nur für Wassertiefen Wasserwellen, die deutlich grösser als die Wellenlänge sind, zutage. Für geringe Tiefen liegen hingegen dispersionslose Schwerewellen vor. Dies hat zur Folge, dass sich bei Wellen, die auf den Strand oder Untiefen auflaufen, die Wellenberge mit einer höheren Geschwindigkeit fortbewegen als die Wellentäler. Die Welle überstürzt sich (Brandung).

Berücksichtigt man sowohl die Gewichtskraft als auch die Oberflächenspannung, erhält man eine Phasengeschwindigkeit, die in Wasser ein Minimum von vp,min » 23 cm / s für die Wellenlänge l » 1,7 cm hat. Auf Wasser existieren also keine Wellen mit kleineren Phasengeschwindigkeiten.

In ganz oder teilweise abgeschlossenen Gewässern (Ostsee, Adria, Genfer See...) kann auch die gesamte Wassermasse ins Schwingen geraten und stehende Wellen ausbilden. Diese werden nach einem französischen Ausdruck der Fischer am Genfer See Seiches genannt.

Besonders zerstörerisch sind Tsunami. Dabei handelt es sich um Flutwellen, die durch Meeresbeben entstehen und sich über grosse Entfernungen hinweg fortsetzen. Auf hoher See sind die Wellen meist nur wenige Meter hoch und werden auf Grund ihrer grossen Wellenlänge (oft 100 bis 1000 km) von Schiffen normalerweise nicht einmal bemerkt. An der Küste türmen sie sich jedoch auf Grund von Dispersion zu Wellen von bis zu 40 m Höhe auf und sind deshalb sehr gefürchtet.

Bei fahrenden Schiffen beobachtet man eine beiderseits des Bugs aufgeworfene Bugwelle. Deren Grösse und der dadurch verursachte Wellenwiderstand hängen von der Geschwindigkeit des Schiffes sowie seiner Form unterhalb der Wasserlinie ab. Im Kielwasser von Schiffen bildet sich ausserdem ein kompliziertes V-förmiges Wellenmuster aus, die Kielwellen. Zunächst könnte man annehmen, es handle sich um eine Stosswelle, jedoch hängt der Öffnungswinkel des Musters nicht von der Geschwindigkeit des Schiffes ab, sondern beträgt stets etwa 39°. Die vom Schiff ausgehenden Wellen überlagern sich in komplizierter Weise zu dem beobachteten Wellenmuster. Die Seiten des V bestehen nicht aus langen geraden Wellenzügen, sondern aus einer Folge kurzer, in ihrer Form an Gefieder erinnernde Wellenabschnitte. Zwischen den Schenkeln des V sind ausserdem noch in Fahrtrichtung des Schiffes gebogene Querwellen aufgespannt, die relativ zum Schiff stillstehen (siehe Abb. bei Kielwellen).

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