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Dekonvolution geophysikalischer Signale

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Manfred Schönborn

Befreiung eines Signals von unerwünschten Systemeinflüssen auf die Signalform. Dies betrifft in der Seismologie die Verformung der Bodenbewegung durch das Messsystem, das Seismometer (Seismometrie), oder aber bei reflexionsseismischen Untersuchungen der Erdkruste die Störung und Unschärfe von Schichtreflexionen durch Form und Dauer des Anregungssignals (Reflexionsseismik). Die Gewinnung der wahren Bodenbewegung aus dem Seismogramm durch Dekonvolution bezeichnet man auch als Signalrestitution. Die Rückführung des beobachteten Reflexionssignals auf die Antwort der Erdkruste auf einen d-Einheitsimpuls als Quellsignal erreicht man durch sog. "Spike-Dekonvolution".

Die Dekonvolution ist (bei linearen Übertragungssystemen) der Umkehrprozess zur Konvolution (Faltung). Ist z.B. y(t) die Zeitfunktion eines Seismogramms mit dem komplexen Frequenzspektrum Y(n) (Fourier-Analyse), s(t) das Eingangssignal der Bodenbewegung mit dem Spektrum S(n) und r(t) die Impulsantwort des Seismographensystems mit dem Spektrum R(n), so gilt y(t) = s(t)*r(t), wobei ,,*`` das Symbol für die Faltung beider Funktionen ist, bzw. Y(n) × S(n) = R(n). Durch Anwendung einer inversen Filterfunktion A(n) = 1/R(n) auf Y(n) erhält man A(n) × Y(n) = 1/R(n) × S(n) × R(n) = S(n). Dem entspricht im Zeitbereich die Faltung mit einem Operator a(t): a(t)*y(t) = s(t), wobei a(t)*r(t) = 1 für t = 0, sonst 0.

Je nach Fragestellung kann eine inverse Filterung auf s(t) oder r(t) angewandt werden. Für die praktische Durchführung existieren in der Literatur verschiedene Ansätze. Die bekanntesten Verfahren sind:

1) Exakte (analytische) Dekonvolution: Schwierigkeiten (Instabilitäten) treten bei der Inversion auf, wenn R(n) Nullstellen und damit A(n) Pole aufweist. In Näherung ist die Dekonvolution auch dann möglich.

2) Optimale Spike-Dekonvolution: Der Filteroperator wird nach der Methode der kleinsten Quadrate so ermittelt, dass das Reflexionssignal möglichst kurz und impulsförmig wird. Formal entspricht dies dem Wiener-Impulsformungsfilter, jedoch beruht letzteres auf statistischer Grundlage. Alle Verfahren wirken am besten, wenn das Signal minimalphasig ist.

3) Prädiktive Dekonvolution beruht auf der Theorie der Wiener-Vorhersagefilter und wird z.B. angewandt, um sog. Ghost-Reflexionen oder langperiodische Nachschwingungen zu unterdrücken. Die Dekonvolution kann sinngemäss auch auf andere physikalische Signale angewandt werden.

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