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Gitterfehler

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Autor:
Hans-Peter Ahlsen

Festkörperphysik, Kristalldefekt, Fehlordnung, jede Abweichung von einer streng periodischen Anordnung der Gitterbausteine im Kristall. Für fast alle makroskopischen Eigenschaften, insbesondere die mechanischen und elektrischen, sind Gitterfehler von entscheidender Bedeutung. Man kann Gitterfehler nach der Grösse und der Art der Entstehung einteilen.

a) Grösse: Man unterscheidet atomare Fehlordnungen, Punktdefekte, die eindimensional sind, und makroskopische Defekte, die, je nachdem ob sie zwei- oder dreidimensional ausgedehnt sind, Liniendefekte oder Oberflächendefekte genannt werden.

Zu den atomaren Defekten gehören die thermischen Defekte, die in jedem perfekten Kristall oberhalb des absoluten Temperatur-Nullpunkts entstehen. Desweiteren zählen zu den Punktdefekten: Leerstellen (Schottky-Defekte), Zwischengitteratome, Frenkel-Defekte und Farbzentren. Auch Fremdatome, das heisst chemische Fehlordnungen, sind Punktdefekte.

Zu den makroskopischen Defekten gehören Versetzungen, Kleinwinkelkorngrenzen, Stapelfehler und Korngrenzen zwischen verschieden orientierten Kristalliten.

Chemische Fehlordnungen und Versetzungen werden auch Kristallbaufehler genannt, da sie im idealen Kristall nicht vorkommen.

b) Art der Entstehung: Vier Mechanismen sind im wesentlichen die Ursache für Gitterfehler:
· Aufgrund der Wärmebewegung schwingen die Atome um ihre Ruhelage, bei Raumtemperatur mit Frequenzen um 1012-1013 Hz und Amplituden um 0,01 nm, wobei diese Bewegung auch am absoluten Nullpunkt (T = 0 K) nicht aufhört (Nullpunktsenergie).
· Durch Stösse mit von aussen kommenden Teilchen oder g-Quanten oder auch durch thermische Anregung können Atome ihren Platz ganz verlassen und sich an irgendeiner anderen Stelle des Kristalls anlagern (Punktfehler, Fehlstelle).
· Versetzungen sind linienartige Fehlordnungen in Kristallen, sie können sowohl beim Kristallwachstum als auch durch mechanische Verformung entstehen. Lage und Orientierung einer Versetzung werden durch den Burgers-Vektor charakterisiert, dieser steht bei einer Stufenversetzung senkrecht zur Kante der eingeschobenen Netzebene, bei einer Schraubenversetzung parallel zur Schraubenrichtung
· Flächenhafte Fehlstellen werden Stapelfehler genannt, dabei sitzen entweder ganze Netzebenen an einer falschen Stelle oder bestehen aus einer »falschen« Atomsorte.

Gitterfehler

Gitterfehler 1: Punktdefekte; a: Leerstelle, b: Zwischengitteratom, c: kleines Substitutionsatom, d: grosses Substitutionsatom).

Gitterfehler

Gitterfehler 2: Schraubenversetzung; ein Kristall wird partiell aufgetrennt (a) und um einen Atomabstand geschert (b).

Gitterfehler

Gitterfehler 3: linearer Defekt; eine Versetzung (a) verlagert sich schrittweise in Gleitrichtung (b), an der Aussenseite entsteht eine Stufe (c).

Gitterfehler

Gitterfehler 4: Flächendefekt; a: Korngrenze, b: Zwillingskristall.

Gitterfehler

Gitterfehler 5: Mikrophotographie von Zwillingen innerhalb eines Messing-Kristallkorns (250fach vergrössert).

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