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Tokamak

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Martina Wagner

Plasmaphysik, Magnetohydrodynamik, Anlage zum magnetischen Plasmaeinschluss, bei der das zum Einschluss benötigte Magnetfeld teils durch äussere Spulen, teils durch einen starken toroidalen Plasmastrom erzeugt wird. »Tokamak« ist ein Akronym aus dem russischen toroidalnaya kamera sz magnitnimi katuschkami, was toroidale Kammer mit Magnetfeld bedeutet. Der Tokamak ist der weltweit führende Experimenttyp in der Fusionsforschung (thermonukleare Fusion). In einem Tokamak wird ein torusförmiges Plasma durch ein Magnetfeld zusammengehalten, das man sich aus drei Teilen zusammengesetzt denken kann: 1. Ein rein toroidales Hauptfeld, das von äusseren Spulen aufgebaut wird und das dem Plasma die toroidale Form gibt, 2. ein rein poloidales Feld, das von einem starken toroidalen Plasmastrom erzeugt wird und das dem Magnetfeld eine Rotationstransformation verleiht, die ein magnetohydrodynamisches Gleichgewicht ermöglicht, und 3. ein vertikales Feld, das ebenfalls auf äussere Spulen zurückgeht und das den Plasmaring an der Ausdehnung nach aussen hindert.

Zum Tokamakprinzip gehört neben dem Magnetfeld auch ein etwas ungewöhnlicher Transformator, dessen Sekundärwindung vom Plasma gebildet wird. Durch die Primärwicklungen fliesst kein Wechselstrom, sondern ein Gleichstrom, der langsam erhöht wird. Dadurch wird im Plasma eine toroidale Randspannung induziert, die drei wichtige Funktionen hat: Erstens erzeugt sie das Plasma durch eine toroidale Gasentladung aus dem ursprünglich vorhandenen Neutralgas, zweitens treibt sie den Plasmastrom, der für das poloidale Magnetfeld benötigt wird, und drittens heizt sie das Plasma durch die mit dem Plasmastrom verbundene Leistung auf.

Da diese ohmsche Heizung aber nicht ausreicht, um die Temperatur zu erreichen, bei der das Fusionsfeuer selbständig brennen kann, kommen zusätzliche Verfahren der Plasmaheizung zum Einsatz. Auch der induktive Stromtrieb muss im Hinblick auf ein Fusionskraftwerk durch zusätzliche Verfahren ergänzt werden.

Das Tokamakprinzip wurde Anfang der 50er Jahre dreimal unabhängig erfunden, und zwar von den sowjetischen Physikern Tamm und Sacharow, von dem US-Amerikaner Spitzer und von Arnulf Schlüter aus Göttingen. Nach 15 Jahren fast auschliesslich in der Sowjetunion stattfindender Experimente wurde ab Mitte der 70er Jahre des 20.Jh. die Physik der Tokamakplasmen weltweit intensiv erforscht, wobei man sich durch immer höhere Plasmatemperaturen und grössere Tokamaks nach und nach dem erklärten Ziel der Energiegewinnung durch Kernfusion näherte. Wichtige Experimente auf diesem Weg waren und sind u.a. der europäische JET und der in weltweiter Kooperation geplante ITER, der die technische Machbarkeit der Energieerzeugung durch Kernfusion demonstrieren soll.

Tokamak

Tokamak: Prinzipskizze einer Tokamak-Anlage.

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