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Gauss

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Karl-Wilhelm Steinfieber

Carl Friedrich, *30.4.1777 Braunschweig, †23.2.1855 Göttingen, deutscher Mathematiker, Astronom, Geowissenschaftler und Physiker. Der Princeps Mathematicorum, der mit seinen Disquisitiones Arithmeticae (Untersuchungen über höhere Arithmetik) 1801 die moderne Zahlentheorie begründete, wandte sich auch dem Konkreten und den Anwendungen der Mathematik zu. Nach der Entdeckung des Planetoiden Ceres durch Giuseppe Piazzi entwickelte er eine neue praktikablere Methode der Bahnbestimmung, die er in seinem astronomischen Hauptwerk Theoria motus corporum coelestium in sectionibus conicis Solem ambientium (Theorie der Bewegung der Himmelskörper, welche in Kegelschnitten die Sonne umkreisen) 1809 niederlegte. Gauss errang so früh Berühmtheit; man baute ihm eine Sternwarte in Göttingen und machte ihn zum Professor der Astronomie. Bereitwillig nahm er auch 1820 den Auftrag zur Hannoverschen Landesvermessung an. In seiner Abhandlung zur Geodäsie Disquisitiones generales circa superficies curvas (Allgemeine Untersuchungen über krumme Flächen) von 1827 ging Gauss ebenfalls neue Wege. Darin finden sich z.B. der zentrale Begriff des Krümmungsmasses und die sogenannten inneren Eigenschaften einer Fläche. Bernhard Riemann griff in seiner berühmten Habilitationsvorlesung 1854 auf Wunsch von Gauss diese Gedanken auf, verallgemeinerte sie und schuf so ein Rüstzeug für Einsteins Relativitätstheorie.

Auch in der Physik lieferte Gauss wichtige und z.T. bahnbrechende Arbeiten. Als Astronom musste er sich mit der Optik auseinandersetzen. Er beriet Johann Georg Repsold bei der Konstruktion achromatischer Objektive. Zur geometrischen Bildkonstruktion bei dicken Linsen und Linsensystemen führte Gauss die beiden Hauptebenen ein. Den Wellencharakter des Lichtes berücksichtigte er allerdings in seinen Überlegungen nicht.

Gauss\' bedeutendste Arbeiten galten dem Magnetismus und Geomagnetismus. Mit den erdmagnetischen Forschungen Alexander von Humboldts und den Entdeckungen des Elektromagnetismus durch Hans Christian Oersted 1820 und der Induktion durch Michael Faraday 1831 war dieses Gebiet in ein Zentrum des Interesses der Naturforscher gerückt. Auf der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Berlin 1828 lernte Gauss den 27 Jahre jüngeren Wilhelm Weber kennen, der sich in der Akustik schon einen Namen gemacht hatte. Als durch den Tod Tobias Mayer des Jüngeren der Lehrstuhl für Physik in Göttingen frei geworden war, konnte Gauss mit seinem Gutachten Weber nach Göttingen ziehen. Damit begann eine Zusammenarbeit, wie man sie nur selten antrifft. Wilhelm Weber nahm ganz die Ideen von Gauss auf und setzte sie, was die absoluten Masssysteme in Magnetik und Elektrik betrifft, in seinem Lebenswerk in die Tat um. 1832 erschien die bahnbrechende Arbeit von Gauss Intensitas vis magneticae terrestris ad mensuram absolutam revocata (Die erdmagnetische Kraft auf absolutes Mass zurückgeführt). Absolute Messungen stehen hier zunächst im Gegensatz zu den bis dahin gemachten relativen Messungen. Bei der Bestimmung der Horizontalintensität durch Schwingungen eines Stabmagneten war eine gleichbleibende Grösse des magnetischen Momentes nie garantiert. Mit den nach Gauss benannten Hauptlagen konnten nun die Horizontalintensität und das magnetische Moment in den drei Basiseinheiten für Länge, Masse und Zeit (damals mm, mg, sec) gleichzeitig bestimmt werden. Unter absoluten magnetischen und elektrischen Masseinheiten verstand man später solche in diesem Dreiersystem. Das heutige Vierersystem (MKSA-Einheiten) ging aus dem Dreiersystem hervor.

Als W. Weber 1845 sein Grundgesetz der elektrischen Wirkung schuf - es beherrschte für drei Jahrzehnte die damalige Elektrodynamik - schrieb ihm Gauss in einem vielzitierten Brief vom 19. März 1845, dass er etwa ein Jahrzehnt zuvor sich ebenfalls mit Grundgesetzen der Elektrodynamik befasst hatte, aber zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen war. Gauss hatte dabei eine ähnlich wie beim Licht sich fortpflanzende Wirkung der elektrischen und magnetischen Kräfte vor Augen. Webers Grundgesetz dagegen war ein Fernwirkungsgesetz (unendlich grosse Fortpflanzungsgeschwindigkeit).

Gauss und Weber errichteten 1833 ein magnetisches Observatorium. Unter Mitwirkung A. von Humboldts entstand der Göttinger Magnetische Verein. Sozusagen als Nebenprodukt der Gauss-Weberschen Untersuchungen zum Ohmschen Gesetz entstand 1833 der erste, über eine grössere Strecke hinweg funktionierende elektrische Telegraph.

Zwei Abhandlungen von Gauss in den Resultaten, dem Publikationsorgan des Magnetischen Vereins, sind von besonderer Bedeutung:

1) Allgemeine Theorie des Erdmagnetismus (1838);

2) Allgemeine Lehrsätze in Beziehung auf die im verkehrten Verhältnisse des Quadrats der Entfernung wirkenden Anziehungs- und Abstossungskräfte (1839).

In der Abhandlung von 1838 entwickelte Gauss eine mathematische Theorie (rein phänomenologisch) mit Hilfe von Potentialsätzen. Sie stellt heute noch eine der Säulen in der geomagnetischen Forschung dar. Die zweite Abhandlung trug wesentlich zur Verbreitung und zum Gebrauch des Potentialbegriffs bei. [KHW]

Literatur:

C.F. Gauss: Werke, hrsg. von der Ges. d. Wiss. zu Gött., 12 Bde., Göttingen 1870-1929;
U.C. Merzbach: Carl Friedrich Gauss. A Bibliography, Wilmington/Delaware 1984;
K.H. Wiederkehr: Aus der Geschichte des Göttinger Magnetischen Vereins und seiner Resultate. In: Nachrichten der Akad. d. Wiss. in Gött., II. Mathem.-Physikal. Klasse Nr. 14/1964, S. 165-205;
K.v. Meÿenn (Hrsg.): Die grossen Physiker, 1. Bd. S. 357-370, C.F. Gauss (1777-1855) und W. Weber (1804-1891). München 1997 (mit umfangreicher Literatur).

GaussBiographien

Gauss, Carl Friedrich

(nach C.F. Gauss), international Gauss, Einheitenzeichen G oder Gs, abgeleitete Einheit der magnetischen Flussdichte im CGS-System. SI-Einheit ist das Tesla. 1 G = 1 dyn1/2 × cm-1 = 10-4 T.

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