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Mössbauer-Effekt

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Hermann Loring

Festkörperphysik, rückstossfreie Emission bzw. Absorption von Gammaquanten (Gammastrahlung) durch Atomkerne. Resonanz wird beobachtet, wenn die Linien der Absorption und Emission zumindest teilweise überlappen. Bei typischen natürlichen Linienbreiten von G » 10-8 eV und einer Linienseparation von ER » 10-4-10-2 eV ist sie also eher unwahrscheinlich, anders als etwa die optische Resonanz (ER » 10-11 eV, G » 10-7-10-8 eV). Beim Mössbauer-Effekt wird ER nicht kompensiert, sondern eliminiert: Die bei freien Atomen wegen des Rückstosses des an dem Prozess beteiligten Atomkernes auftretende Verschiebung zwischen Absorptions- und Emissionslinie wird bei Atomen, die in das Gitter eines Festkörpers eingebaut sind, beseitigt, da der gesamte Kristall den Rückstoss aufnimmt. Durch den Doppler-Effekt entfällt auch die bei freien Atomen immer vorhandene Verbreiterung der Resonanzlinien, da die thermische Schwingungsbewegung der Gitteratome bei tiefen Temperaturen klein wird. Die so erhaltenen Mössbauer-Resonanzlinien sind sehr scharf. Ihre natürliche Linienbreite ist nur noch durch die Lebensdauer des angeregten Kernzustandes gegeben. Die extrem gute Auflösung der Mössbauer-Resonanzlinien ist mit einer sehr genauen Bestimmung von Anregungsenergien verbunden. So sind Änderungen der Energie der 14,4 keV-Mössbauer-Linie des 57Fe mit einer relativen Genauigkeit von besser als 10-15 messbar. Die Übergangswahrscheinlichkeit für rückstossfreie Gammaübergänge ist (Anteil der Null-Phonon-Prozesse) p = exp(-2W) = exp(-k2 áx2ñ), k = 2p / l, wobei W der Debye-Waller-Faktor ist und áx2ñ das mittlere Quadrat der Komponente der Vibrationsamplitude des ausstrahlenden Kerns in Richtung des Gammastrahls. Für Mössbauer-Effekt (d.h. wenn die durch ER bedingte Auslenkung des Kernes klein gegen l ist) ist die Wahrscheinlichkeit gross. Mithin kann der Mössbauer-Effekt in Gasen und nicht-viskosen Flüssigkeiten nicht beobachtet werden, da dort áx2ñ unbeschränkt ist. Die Grösse áx2ñ ist temperaturabhängig, und somit erhält man durch sie ein Mass für die Gitterdynamik. Messungen der Hyperfeinaufspaltung in Mössbauer-Linien geben Aufschluss über das magnetische Dipolmoment und das elektrische Quadrupolmoment des Kernes sowie über elektrische Feldgradienten und magnetische Felder am Kernort. Kernradiusänderungen im angeregten Zustand sowie die Elektronendichte am Kernort können bestimmt werden. Hyperfeinstruktur-Untersuchungen an Molekülen ergeben Aussagen über die Struktur und Wertigkeiten (Valenzen) in chemischen Verbindungen. Die in der Allgemeinen Relativitätstheorie vorausgesagte Rotverschiebung (Gravitations-Rotverschiebung) von Gammastrahlung in Gravitationsfeldern konnte mit Hilfe des Mössbauer-Effektes experimentell im Erdfeld bestätigt werden.

Mössbauer-Effekt

Mössbauer-Effekt: Linienbreiten und Rückstoss-Verschiebung ER bei Gammaemission (Mössbauer-Effekt) und -absorption (Mössbauer-Effekt).

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