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Kommunikations- und Orientierungsleistungen von Lebewesen

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Karl-Wilhelm Steinfieber

Phänomenbereich der Biophysik, in dem praktisch alle physikalisch möglichen Energie- und Signalformen zur Anwendung kommen.

Ein für alle unten beschriebenen Signalarten gültiges Prinzip ist, dass über die Köperlänge L aufgebaute Unterschiede Kommunikations- und Orientierungsleistungen von Lebewesen eines Signals S bei kleinen Tieren (Bakterien, Insekten) unter der Diskriminationsschwelle liegen können, die durch Eigenbewegung über eine Wegstrecke D erfahrenen Unterschiede Kommunikations- und Orientierungsleistungen von Lebewesen aber ausreichend sind.Akustische Signale sind beim Menschen und vielen anderen Lebewesen (Grillen, Vögeln, Walen) für Kommunikation und Orientierung vorrangig. Dieser Tatsache liegt die beim Hörsinn im Vergleich zum Sehsinn viel geringere Richtungspezifizität zugrunde.

So nutzen z.B. Delphine (s. Abb. 1) und Fledermäuse in Echoortungssystemen Ultraschall, wobei letztere das Beuteinsekt u.a. mit Hilfe von Dopplermodulation durch dessen Flügelschlag identifizieren. Infraschall mit Reichweiten von bis zu mehreren 1 000 km, erzeugt durch Wind oder Brandung, wird z.B. von der Brieftaube und dem Kabeljau zur Navigation genutzt.

Mechanische Signale: Über einen Beschleunigungs- bzw. Schweresinn verfügen die meisten Tiere und Pflanzen. Letzteren erlaubt er mit einer Grenzempfindlichkeit der 10-4fachen Erdbeschleunigung z.B. ein möglichst rasches Wurzelwachstum in die Tiefe, was der Pflanze enorme Vorteile bei Wassergewinnung und Bodenverankerung verschafft. Eine Wüstenmausart, der Gerbil, kann einen besonderen Sensor für Drehbeschleunigungen vorweisen, der per Integration die Feststellung von Winkeländerungen erlaubt. Zusätzlich wird die zurückgelegte Strecke gespeichert; dieses System ermöglicht dem Tier, bei völliger Dunkelheit und dem (experimentell kontrollierten) Fehlen anderer Anhaltspunkte auf geradem Weg zum Ausgangspunkt zurückzukehren (siehe Abb. 2).

Optische Signale haben für Kommunikations- und Orientierungsleistungen von Lebewesen neben der offensichtlichen z.T. ganz unvermutete Bedeutungen. 1. Beispiel: Die Polarisation von Licht wurde als wichtige Navigationshilfe von Bienen und anderen Insekten, Fischen und Reptilien erkannt. Himmelslicht ist polarisiert (siehe Abb. 3), für einen blauen Himmel näherungsweise gemäss der Rayleigh-Streuung mit einem Polarisationsgrad (1 + cosf) / (1 - cosf), (f: Winkel zwischen Blick- und Sonnenrichtung). Das senkrecht zum Sonnenstand verlaufende Band der maximalen Polarisation liefert zusammen mit der Tageszeit Richtungsinformationen.2. Beispiel: Die Biolumineszenz wird von manchen Glühwürmchen für komplizierte, artspezifische Kommunikationscodes verwandt. Bei manchen Glühwürmchen- und Planktonarten kommt es ausserdem zu einer kollektiven Synchronisation, wobei Tausende von Einzellebewesen ein gemeinsames, z.T. rhythmisches, Aufblitzen produzieren. Als physikalischer Erklärungsansatz wurde Selbstorganisation in rückgekoppelten Oszillatoren vorgeschlagen.

Elektrische Signale wurden in ihrer Bedeutung für Kommunikations- und Orientierungsleistungen erst in den letzten Jahrzehnten erkannt, vor allem bei Amphibien und Fischen, aber z.B. auch bei Termiten. Ein spektakuläres Beispiel liefert das Schnabeltier, das sich unter Wasser mit geschlossenen Augen, Ohren und Nasenlöchern bewegt und im äusserst trüben Flussschlamm nach Beute sucht. Seine Reizschwelle für elektrische Felder liegt aber bei 50 mV / cm, und ein typisches Beutetier verrät sich durch seine Muskelaktionspotentiale, die selbst in 5 cm Entfernung noch Felder von 0,2-1 mV / cm bewirken.

Magnetische Signale spielen eine grosse Rolle für die Fernorientierung von Bienen, Brieftauben und Zugvögeln anhand des Erdmagnetfeldes. Experimente hierzu werden u.a. mit Helmholtzspulen durchgeführt (siehe Abb. 4), in denen die Reaktion von Tieren auf kontrollierte Feldgeometrien und -zeitabhängigkeiten untersucht wird.

Auch zur Nahorientierung werden magnetische Signale genutzt, z.B. von bestimmten Bakterien und von Bienen beim Wabenbau.(Kybernetik und Sinnesleistungen von Lebewesen)

Kommunikations- und Orientierungsleistungen von Lebewesen

Kommunikations- und Orientierungsleistungen von Lebewesen 1: Delphine setzen Echoortung ein, um Nahrung zu suchen und Hindernissen auszuweichen. Wiederholte, spezifische Laute mit einer Frequenz von hauptsächlich 100 kHz werden gebündelt nach vorne ausgestossen. Ihr Schall erstreckt sich über einen Winkel von 20-30 Grad. Diese gerichteten und lauten Klicks werden von Objekten zurückgeworfen, wenn diese den Klang nicht vollständig absorbieren. Die Echos geben ein detailliertes Klangbild der Umgebung in einem Umkreis von über 300 Metern und reichen somit deutlich weiter als das bei bester Sicht unter Wasser möglich wäre.

Kommunikations- und Orientierungsleistungen von Lebewesen

Kommunikations- und Orientierungsleistungen von Lebewesen 2: Navigationssystem des Gerbils: Jede Teilstrecke wird über die interne Winkel- und Längenmessung in zwei senkrechte Komponenten ai, bi zerlegt. Deren Wegsummen werden gespeichert und legen die Richtung des Heimwegs fest.

Kommunikations- und Orientierungsleistungen von Lebewesen

Kommunikations- und Orientierungsleistungen von Lebewesen 3: Polarisation des Himmelslichtes bei horizontnahem Sonnenstand (nahe 0°) für einen im Kreis stehenden Beobachter. Die Richtung der Polarisation ist durch die Pfeile dargestellt.

Kommunikations- und Orientierungsleistungen von Lebewesen

Kommunikations- und Orientierungsleistungen von Lebewesen 4: Ein magnetischer "Flugsimulator" mit gekreuzten Helmholtzspulen-Paaren AA´ und BB´.

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