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Spannungsnormal

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Julian Schultheiss

Normen und Einheiten, ein Normal zur reproduzierbaren Darstellung einer bestimmten Spannung. Seit Anfang des 20.Jh. verbreitet sind Normalelemente, d.h. elektrochemische Primärelemente, in denen die gespeicherte chemische Energie in elektrische Energie umgewandelt wird und die Ausgangsspannung möglichst lange konstant bleiben soll. Messtechnische Bedeutung hat heute praktisch nur noch das Weston-Normalelement, eine Kette Cd-CdSO4-Hg2-SO4-Hg+ mit einer Leerlaufspannung von rund 1,018 65 V bei 20 °C (siehe Abb. 1). Meist werden die Elemente auf 30 °C (mit einer Schwankungsbreite von wenigen mK) betrieben. Ihr Temperaturkoeffizient ist relativ hoch (–4 × 10-4 / K), sie sind ausserdem sehr empfindlich gegen mechanische, elektrische und thermische Störungen, ferner ist nach jeder Stromentnahme eine Erholungszeit erforderlich (bei Entladung um 3 mC etwa 1 Tag, bei Ladung einige Monate).

Für messtechnische Zwecke besser geeignet sind elektronische Spannungsnormale. Sie beruhen auf dem Zener-Effekt, der bei bestimmten Halbleiterdioden (Z-Dioden) einen fast konstanten Spannungsabfall über einen weiten Arbeitsstrombereich bewirkt. Durch geeignete Kombination verschiedener Zener-Dioden untereinander bzw. mit anderen Halbleiterkomponenten lässt sich ein Temperaturkoeffizient von unter 10-7 / K erreichen, für Referenzelemente sogar 5 × 10-8 / K. Nachteilig gegenüber den Normalelementen ist die etwa zehnmal höhere Rauschspannung und die Notwendigkeit einer aufwendigen Stromversorgung; die Langzeitstabilität ist vergleichbar.

Die geringsten Unsicherheiten bei der Strom- und Spannungsmessung erreicht man mit der Kompensationsmethode mit Potentiometern. Bei einem Gleichstrom-Kompensator (siehe Abb. 2a) führt man mit Hilfe einer Spannungsteilerschaltung ein Spannungsverhältnis auf das Verhältnis von Widerständen zurück; man kann so bei Eingangsspannungen um 10 V Linearitäten im Spannungsverhältnis Ua / Ue von 10-7 erreichen, höhere Spannungen führen wegen der Eigenerwärmung der Widerstände zu grösseren Unsicherheiten. Auch mit Gleichstrom-Komparatoren (siehe Abb. 2b), die eigentlich für die hochgenaue Messung von Stromstärke-Verhältnissen gedacht sind, lassen sich Spannungsverhältnisse kalibrieren.

Eine neuere Entwicklung sind Kryo-Spannungsnormale, die bei Helium-Temperatur arbeiten (siehe Abb. 3+4). Sie nutzen den Josephson-Effekt, durch den ein Josephson-Tunnelelement bei Mikrowellenbestrahlung eine quantisierte Gleichspannung in der Grössenordnung von 1 mV erzeugt. Durch Reihenschaltung mehrerer tausend Elemente lassen sich auch Gleichspannungen im interessanten Bereich von 1 V-10 V erzeugen. Wesentlich ist, dass alle diese Elemente vom gleichen Gleichstrom durchflossen und dass alle Elemente mit der gleichen Mikrowellenleitung gespeist werden. Durch Frequenzstabilisierung kann man so innerhalb einer Messzeit von einer Sekunde eine Gleichspannung auf 10-12 reproduzieren, bei Raumtemperatur etwa 10-10; diese Begrenzung kommt im wesentlichen durch Thermospannungen auf den Potentialleitungen zwischen 4,2 K und 300 K zustande.

Spannungsnormal

Spannungsnormal 1: Weston-Normalelement der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), Braunschweig; abgeschmolzene Bauform.

Spannungsnormal

Spannungsnormal 2: Prinzipskizzen für Spannungskompensatoren: a) einfache Spannungsteilerschaltung (I = const.), b) Schaltung nach Lindeck-Rothe (I variabel, A: Strommesser, ND: Nulldetektor).

Spannungsnormal

Spannungsnormal 3: Kryo-Spannungsnormal der PTB. Rechts: 10-V-Chip im Behälter für flüssiges Helium bei T = 4,2 K; Mitte: Apparaturen mit Mikrowellenversorgung und peripheren Geräten; Rechts oben: Antenne zum Empfang der Normalfrequenz des von der Atomuhr der PTB gesteuerten Langwellensenders DCF 77.

Spannungsnormal

Spannungsnormal 4: 10-V-Chip des Kryo-Spannungsnormals mit 20 000 Josephson-Tunnelelementen, Länge 20 mm, Breite 10 mm. Rechts oben und unten wird die Gleichspannung von 10 V als Reihenschaltung aller Tunnelelemente abgegriffen. Von rechts wird die Mikrowelle über die Flossenleitung parallel in 64 Streifenleiter eingespeist, die durch Blockkondensatoren gleichstrommässig getrennt sind. Das linke Viertel der Streifenleitungen bildet den normalleitenden Abschluss mit dem Wellenwiderstand Z0.

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