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Brownsche Bewegung

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Manfred Schönborn

Brownsche Molekularbewegung, scheinbar regellose Zitterbewegung von in einer Flüssigkeit suspendierten kleinen Partikeln, die zu einer Diffusion dieser Partikel in der Flüssigkeit führt. Solche Bewegungsformen wurden erstmals 1827 durch den schottischen Botaniker R. Brown beobachtet, der unter dem Mikroskop die Zitterbewegung von auf der Wasseroberfläche treibenden Blütenstaubpartikeln entdeckte. Erst kurz nach der Jahrhundertwende gelang A. Einstein und M.v. Smoluchowski fast gleichzeitig eine erste theoretische Beschreibung, mit der das Phänomen als Schwankungserscheinung im Rahmen der statistischen Physik erkannt wurde. Einsteins Veröffentlichung von 1905 bedeutete einen Durchbruch für die Vorstellung vom diskontinuierlichen, also atomaren Aufbau der Materie und von Wärme als einem Phänomen molekularer Bewegung (Atomismus). Wie Einstein zeigte, führt die thermische Bewegung der Flüssigkeitsmoleküle zu Stössen mit den schwereren suspendierten Partikeln, wobei sich die momentanen, lokalen Impulsüberträge nicht genau ausgleichen, so dass die gelösten Teilchen eine statistisch zu beschreibende Zickzackbewegung ausführen. Diese Bewegung gibt also indirekten Aufschluss über die thermische Bewegung der stossenden Gas- bzw. Flüssigkeitsmoleküle, die selbst wegen ihrer Kleinheit unsichtbar sind. Prinzipiell führt jeder mikroskopische oder makroskopische Körper solche durch die thermische Agitation seiner flüssigen oder gasförmigen Umgebung verursachten Bewegungen aus, wobei die Bezeichnung Brownsche Bewegung jedoch üblicherweise den Suspensionen kleiner, aber noch makroskopischer Partikel vorbehalten ist. Die elementare mathematische Behandlung geht von einer Langevin-Gleichung für die Partikelgeschwindigkeit Brownsche Bewegung

Brownsche Bewegung

aus, in der die Gesamtkraft in eine äussere Kraft Q, einen Reibungsterm  - Brownsche Bewegung/B und eine schnell variierende Zufallskraft F(t) mit verschwindendem zeitlichem Mittelwert aufgespalten ist. Man erhält für die mittlere quadratische räumliche Verschiebung mit der ZeitBrownsche Bewegung

Brownsche Bewegung.

Im Grenzfall hinreichend langer Zeiten entspricht diese Lösung einer Diffusionsbewegung Brownsche Bewegung (Diffusion), woraus sich unter Beachtung der allgemein für Diffusionsprozesse gültigen Relation Brownsche Bewegung mit der Diffusionskonstanten D die später Einstein-Relation genannte Beziehung für die Diffusionskonstante

Brownsche Bewegung

ergibt, wobei sich B im Spezialfall sphärischer Partikel aus deren Radius R und der Viskosität h der umgebenden Flüssigkeit h gemäss der Stokesschen Relation Brownsche Bewegung bestimmen lässt.

Eine erweiterte theoretische Beschreibung erfolgt im Rahmen des übergeordneten Konzeptes der stochastischen Prozesse, deren bekanntestes Beispiel die Brownsche Bewegung ist. In dieser Theorie wird das Phänomen als Markow-Prozess behandelt, also als Zufallsprozess, dessen Entwicklung stets nur vom gegenwärtigen Zustand, nicht jedoch von der Vergangenheit, abhängt. Diese Modellvorstellung ist nur bei Wahl eines nicht zu engen zeitlichen und räumlichen Beobachtungsrasters, also nach Durchführung des sog. Coarse Graining, gerechtfertigt.

Auf der Grundlage dieser Modellvorstellungen ist eine präzise experimentelle Bestimmung der Boltzmann-Konstanten kB und damit auch der Avogadro-Konstanten NA möglich. Perrin führte 1908 entsprechende Experimente in Form der direkten Beobachtung der mittleren quadratischen Verschiebung gelöster Partikel aus, Kappler bestimmte 1931 die Boltzmann-Konstante aus der durch thermische Gasmolekülbewegungen verursachten Torsion eines Galvanometerspiegels. Dass die so bestimmten Werte für NA und kB einen Fehler von nur weniger als 1 % aufweisen, kann als quantitativer Nachweis für die Richtigkeit des kinetischen Ansatzes und damit auch als weiteres Indiz für den atomaren Aufbau der Materie gewertet werden. [JS2]

Brownsche Bewegung

Brownsche Bewegung: Typische Bahn der Brownschen Bewegung eines suspendierten Partikels nach einem Coarse Graining. Die Eckpunkte der Bewegung ergeben sich also durch die willkürliche Wahl von Beobachtungszeit- und Raumraster; bei Wahl engerer zeitlicher und räumlicher Intervalle ergibt sich eine eine entsprechend kleingliedrigere Bahnkurve.

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