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Schrödinger

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Manfred Schönborn

Biographien, Erwin, österreichischer Physiker, *12.8.1887 Wien, †4.1.1961 Wien, 1906-1910 Studium der Physik in Wien u.a. bei F. Hasenöhrl, 1910 Promotion mit einer Untersuchung zur Luftelektrizität, anschliessend Assistent bei F. Exner am Physikalischen Institut der Universität Wien, 1914 Habilitation und bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges Privatdozent, 1914-18 Offizier der Festungsartillerie; zwischen 1920/21 jeweils ein Semester als Dozent bzw. au?erordentlicher Professor für theoretische Physik in Jena, Stuttgart und Breslau, von 1921-1927 ordentlicher Professor in Zürich, 1927 Nachfolger Max Plancks auf dem Lehrstuhl für theoretische Physik der Universität Berlin. 1933 freiwillige Emigration, u.a. Professor am Magdalen College in Oxford, 1936-38 Professor in Graz. Nach dem »Anschluss« Österreichs erneute Flucht vor den Nazis, zunächst nach Italien und Belgien, ab 1939 Direktor am neugegründeten Institut for Advanced Studies in Dublin. Nach der Pensionierung (1956) Rückkehr nach Österreich, wo er bis 1958 eine Ehrenprofessur an der Universität Wien bekleidete.

Nach den frühen Arbeiten zur statistischen Mechanik, zur statistischen Thermodynamik, zum Farbensehen sowie zur Gravitationsphysik beschäftigten Sschrödinger ab 1925 Fragen der Quantentheorie. Anknüpfend an das Materiewellenkonzept von L. de Broglie und den Welle-Teilchen-Dualismus sowie in Anlehnung an die wellenoptische Theorie W.R. Hamiltons fand Schrödinger zur Jahreswende 1925/26 zunächst die relativistische Klein-Gordon-Gleichung, die jedoch wegen des damals noch nicht bekannten Spins wieder verworfen wurde. Wenig später gelang ihm dann auch die Aufstellung einer nicht-relativistischen Wellengleichung, mit der sich nicht nur die Energiestufen des harmonischen Oszillators und starren Rotators, sondern auch die des Wasserstoffatoms in Übereinstimmung mit den bekannten experimentellen Daten berechnen liessen. Mit der Schrödingerschen Wellenmechanik war ein neuer quantentheoretischer Formalismus zur Beschreibung mikrophysikalischer Objekte gefunden, dessen mathematische Äquivalenz zur Heisenberg-Bornschen Matrizenmechanik schon bald durch Schrödinger und Pauli gezeigt werden konnte (Bilder in der Quantenmechanik). Die sog. Schrödinger-Gleichung setzte sich bei den Physikern sehr schnell als das bevorzugte Darstellungsmittel der Quantenmechanik durch und wurde zu einem der wichtigsten Hilfsmittel der modernen Physik, deren Anwendungsgebiet von der Festkörper- bis zur Elementarteilchenphysik reicht. Nicht durchgesetzt hat sich dagegen Schrödingers ursprünglich intendierte realistische Deutung der Wellenfunktion als Wellenpaket bzw. als eine räumliche Verteilung des Elektrons. Vielmehr brachte die statistische Interpretation der Wellenfunktion durch Max Born (1926) die Lösung und stellte auch die Kohärenz der Schrödingerschen Theorie zur sog. Kopenhagener Interpretation her. Schrödinger selbst war mit dieser Deutung der Quantenphänomene zutiefst unzufrieden und hat bis zu seinem Tode auf eine Rückkehr zu einer realistisch-deterministischen Physik gehofft. Nach seiner grossen Entdeckung bearbeitete Schrödinger noch mit Hilfe seiner Wellengleichung eine Reihe von Spezialfällen und begann mit der Ausarbeitung einer wellenmechanischen Störungstheorie. Für die Entwicklung der Wellenmechanik erhielt Schrödinger zusammen mit P.A. Dirac Nobelpreis für Physik des Jahres 1933.

In seiner zweiten Lebenshälfte hat sich Schrödinger verstärkt mit Fragen der relativistischen Quantentheorie sowie der Allgemeinen Relativitätstheorie und ihrer Verallgemeinerung zu einer einheitlichen Feldtheorie beschäftigt, ohne dabei durchschlagende Erfolge erringen zu können. Sehr viel erfolgreicher waren hingegen seine Bemühungen, Probleme der Biologie und des Lebens physikalisch zu erklären. Sein Buch »Was ist Leben« sowie das von ihm in diesem Zusammenhang entwickelte Konzept offener thermodynamischer Systeme und des aperiodischen Kristalls erfuhr gerade unter den Pionieren der Molekularbiologie grosse Aufmerksamkeit. Als ein gleichermassen in der Physik wie in Philosophie und Literatur beschlagener Gelehrter ist Schrödinger auch als Dichter hervorgetreten und hat sich in philosophischen Schriften u.a. profund mit dem Leib-Seele-Problem beschäftigt und mit der Philosophie der Griechen und ihrer Bedeutung für die Moderne auseinandergesetzt.

Schrödinger

Schrödinger, Erwin

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