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Experimentelle Fotografie

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Autor:
Manfred Schönborn

Als »getreues Abbild der Natur« könnte die Fotografie gelten, überließe der Fotograf ihr Ergebnis alleine dem Wirken von Licht und Chemie. Doch bereits die in gestalterischer Absicht gewählte Belichtungszeit oder Blende, die Steuerung der Schärfenverhältnisse durch Verstellen des Objektivs müssen als »subjektive« Eingriffe betrachtet werden. Dennoch sind die meisten Fotografen überzeugt, in ihren Fotos die reale Abbildung des Gegenstandes zu bewirken. Neben dem Streben nach naturgetreuer Wiedergabe eines Motivs (die immer nur eine Annäherung sein kann) ist die Beschäftigung mit experimenteller Fotografie, die das Abbild bewußt verändert, eines der interessantesten Gebiete von Fotografie und Foto-Design. Vor allen fotografischen Techniken fordert sie die Kreativität und schöpferische Phantasie des Fotografen heraus. Und sie wird dort zur Kunst, wo dieser das Stadium des Experimentierens verlassen hat, wenn er sein vorbestimmtes gestalterisches Ziel in souveräner Meisterschaft erreicht. Die Vielfalt der technischen und chemischen Mittel, die er hierfür zur Verfügung hat, gestatten ein freies, kreatives Arbeiten, aus dem heute der Zufall weitgehend verbannt ist. Die geschichtlichen Vorbilder sind Fotogramme und Fotomontagen, die bereits um I8JO eher spielerisch als ernsthaft angefertigt wurden. Auch die experimentellen Bewegungsstudien von Eadweard Muybridge (1830-1904), im Vorfeld der aufkommenden Kinemato-grafie, gehören dazu. Doch während sich die »klassische« Fotografie bereits um die Jahrhundertwende im Bereich der Künste etablieren konnte, gelang dies der experimentellen Fotografie erst in den 20er Jahren. Es waren die • Schadographien und Rayogramme, die Collagen und Fotomontagen der Dadaisten und Surrealisten, die ihr zum Durchbruch verhalfen, Techniken, die in manchen Stilrichtungen heutiger Fotokunst wieder zu Ehren kommen. Nach 1945 waren es vor allem einige Vertreter der »Subjektiven Fotografie« sowie die verbesserten technischen und chemischen Möglichkeiten der aufkommenden Farbfotografie, die dem Fotoexperiment voranhalfen. Heute ist der Bereich experimenteller Fotografie mit seinen Seitentrieben, die weit in die technisch-wissenschaftliche Fotografie hineinwuchern, so vielfältig geworden, daß hier nur die wichtigsten Verfahren erwähnt werden können. Die Qualität moderner Schwarzweiß-und Farbfilme gestattet dem Fotografen schon in der Aufnahmetechnik, sein Motiv in bestimmter Absicht zu verändern. Es ist dies das Feld der Doppel- und Mehrfachbelichtungen, des Sandwich-Verfahrens, des Einsatzes von farbverändernden Infrarotfilmen. Der Einsatz von Kontrast-, Farb-und Trickfiltern (Filter) aller Art ermöglicht, im Zusammenwirken mit unterschiedlichsten Objektiven und Filmen, ein freies Experimentieren mit Formen und Farben. In gleicher Weise bietet sich moderne Vergrößerungsund Labortechnik an, Aufnahmen zu manipulieren. Hochaktuell sind Lichtmontagen, die Umsetzung von Motiven in Äquidensiten-Technik, der Einsatz von Effektnegativen, das Ausnützen der vielen Tontrennungs-, Misch-und Kopiermöglichkeiten vom Negativ zum Positiv. Ein weites Feld programmatischer Anwendung von Farbe und Form bietet die Generative Fotografie, die von jungen Fotografen als Bewegung generativer Ästhetik 1968 ins Leben gerufen wurde. Kristallographik, - Mul-tipleoptik, fotomechanische Transformation, Synthesizer-Technik (Video Art), Strobochromatographie, Luminogramm und Figurenfoto-gramm, das sind nur einige wenige von vielen Möglichkeiten.

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