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Spaltung von Atomkernen

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Julian Schultheiss

Kernphysik, Kernspaltung, radioaktiver Zerfallsmodus von instabilen Atomkernen in zwei, selten auch drei (ternäre Spaltung) Kernbruchstücke. Für die spontan spaltenden schweren Kerne der Nuklidkarte stellt sich ein mittleres Spaltverhältnis von 2 : 3 sowohl der Massen als auch der Ladungszahlen A und Z der leichten und schweren Bruchstücke (Spaltfragmente, Spaltprodukte, Häufigkeitsverteilung siehe Abb. 1) ein. Instabilität gegen Spaltung besteht bei positivem Energiegewinn EQ (Spaltenergie), der sich aus der Bilanz der Kernbindungsenergien vor und nach der Spaltung berechnet (Bethe-Weizsäcker-Formel). Für die spontane Spaltung von 238U beläuft sich EQ auf 180 MeV, wovon ca. 10 MeV für die kinetische Energie der im Mittel drei Spaltneutronen und für die Gammastrahlung verbraucht werden. Bei der Spaltung von 235U durch thermische Neutronen werden 203 MeV freigesetzt, wovon 170 MeV als kinetische Energie von den Spaltfragmenten und 5 MeV von den Spaltneutronen übernommen werden; weitere 6 MeV werden durch prompte Gammastrahlung und 22 MeV verzögert durch Gamma- und Betastrahlung sowie Neutrinos freigesetzt. Ohne die Neutrinos, deren kinetische Energie sich nicht in Wärme umsetzen lässt, können damit 191 MeV genutzt werden. Für 233U und 239Pu sind es 191 MeV bzw. 200 MeV. Die Freisetzung von Spaltneutronen erlaubt die Ausbildung einer Kettenreaktion. Die Spaltung von 1 kg 235U setzt dann eine Energie von 22 × 106 kWh oder 19 × 109 kcal frei, was einer äquivalenten Verbrennungsenergie von 2714 t Steinkohle (7000 kcal / kg) entspricht.

Der Spaltvorgang lässt sich im Tröpfchenmodell als eine dynamische axiale Kerndeformation beschreiben, wobei die Coulomb-Energie ab- und die Oberflächenenergie anfänglich zunimmt, so dass sich eine Potentialmulde ausbildet. Überschreitet die Kernanregungsenergie die Spaltbarriere

Spaltung von Atomkernen

kommt es bei grösserer Deformation am Abrisspunkt zur Einschnürung mit anschliessender Trennung der Kernbruchstücke (siehe Abb. 1). Aus Ef = 0 ergibt sich eine absolute Stabilitätsgrenze für Kerne gegenüber Spaltung zu Spaltung von Atomkernen. Für niedrige Spaltbarrieren Spaltung von Atomkernen, der Bindungsenergie des letzten Neutrons (Separationsenergie), lassen sich Kerne durch thermische Neutronen spalten.

Auch im Grundzustand stabile Kerne (EQ < 0) werden in angeregten Zuständen mit E* > Ef und/oder durch Rotation bei hohem kollektivem Drehimpuls instabil. Dies erlaubt die Untersuchung von Kerneigenschaften an den Grenzen der Stabilität mittels Spaltung durch schnelle Neutronen (Resonanzspaltung) oder andere hochenergetische Teilchen in Compoundkernreaktionen oder durch Coulomb-Anregung in Hochspinzustände.

Für EQ > 0, d.h. Z2 / A > 17, werden Kerne auch im Grundzustand als Folge des Tunneleffektes unter der Spaltbarriere instabil gegen spontane Spaltung, allerdings in Konkurrenz zum Alphazerfall. Die Durchtunnelungswahrscheinlichkeit eines Kernbruchstückes der Masse mB skaliert exponentiell entsprechend Spaltung von Atomkernen mit der Höhe und Breite d der Spaltbarriere. Einige typische Spontanspalter sind in der Tabelle zusammengestellt.

Hervorgerufen durch die ausgeprägte Schalenstruktur des Kerns kann sich im Bereich der Spaltbarriere ein zweites Minimum ausbilden, worin sich isomere Kernzustände meist als Rotationszustände aufbauen können (Spaltisomere). Die wegen der grossen Deformation und damit des grossen Trägheitsmoments des Kerns niederenergetischen elektromagnetischen Übergänge innerhalb dieses zweiten Minimums lassen sich durch die Beobachtung der Konversionselektronen nachweisen. Der Übergang in den wenig deformierten Kerngrundzustand ist stark behindert. Bevorzugt erfolgt verzögerte Spaltung aus dem isomeren Grundzustand.

Spaltung von Atomkernen: Halbwertszeiten einiger Nuklide für Alphazerfall (a) und spontane Spaltung (SF).

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Nuklid

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Spaltung von Atomkernen

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Spaltung von Atomkernen

Spaltung von Atomkernen

1,4 × 1010 a

1019 a

Spaltung von Atomkernen

7,1 × 108 a

1,8 × 1017 a

Spaltung von Atomkernen

4,5 × 109 a

8 × 1015 a

Spaltung von Atomkernen

2,2 a

66 a

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Spaltung von Atomkernen

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3,4 h

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246 d

 

Spaltung von Atomkernen

Spaltung von Atomkernen 1: Häufigkeitsverteilung der Spaltprodukte als Funktion ihrer Massenzahl A: Spaltung von 235U mit langsamen Neutronen (durchgezogen), Spaltung von 232Th mit 38-MeV-a-Strahlen (gestrichelt), Spaltung von 209Bi mit 200-MeV-Deuteronen (Strichpunkt).

Spaltung von Atomkernen

Spaltung von Atomkernen 2: Schematische Potentialdarstellung und Kernform zur Beschreibung der Kernspaltung im Tröpfchenmodell für zunehmende axiale Deformation.

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