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Supersymmetrie

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Hermann Loring

Teilchenphysik, SUSY, Verallgemeinerung der Raum-Zeit-Symmetrien in der Quantenfeldtheorie, die Bosonen in Fermionen und umgekehrt transformiert. Sie stellt einen möglichen Rahmen dar, die Wechselwirkungen des Standardmodells der Elementarteilchen mit der Gravitation zu vereinigen. In der Natur ist die Supersymmetrie – wenn überhaupt – nicht exakt realisiert, sondern gebrochen, da ansonsten die bekannten Teilchen und ihre Superpartner die gleiche Masse haben müssten.

Die Supersymmetrie wird durch N fermionische Operatoren Qi dargestellt, die bosonische Zustände in fermionische Zustände und umgekehrt transformieren. Für eine konsistente wechselwirkende Quantenfeldtheorie muss man Supersymmetrie fordern. Ausserdem bilden die Supersymmetrie-Operatoren mit den Erzeugenden der Poincaré-Transformationen eine geschlossene Algebra. Diese Eigenschaft unterscheidet die Supersymmetrie grundsätzlich von anderen Symmetrien, für die das No-go-Theorem von Coleman und Mandula gilt, welches die (triviale) Verknüpfung von nicht-kompakten Symmetriegruppen mit und kompakten Lie-Gruppen verbietet.

Supergruppen wurden das erst Mal 1966 in einer (grösstenteils unbeachteten) Arbeit vom Myazawa erwähnt, der nach einer Überwindung des Coleman-Mandula-Theorems suchte. 1971 formulierten Gervais und Sakita erstmals eine supersymmetrische Superstring-Wirkung, und Gol’fand und Likhtman entdeckten die Super-Poincaré-Algebra, eine Erweiterung der üblichen Raum-Zeit-Algebra. 1974 schliesslich gelang Wess und Zumino die erste Konstruktion einer vierdimensionalen supersymmetrischen Feldtheorie.

Die minimale supersymmetrische Erweiterung des Standarmodells (minimal supersymmetric standard model, MSSM) ergänzt dessen Teilchenspektrum (»particles«) um die Superpartner (»sparticles«). Die fermionischen Superpartner der Eich- und Higgs-Bosonen werden mit der Endsilbe »ino« bezeichnet (gauginos (gluinos, photinos, winos usw.) und higgsonos), die bosononischen Spin-0-Partner zu Quarks und Leptonen heissen squarks, sleptinos und sneutrinos. Ausserdem enthält das MSSM – als minimale Struktur eines supersymmetrischen und anomaliefreien Higgs-Sektors – zwei Higgs-Dubletts mit Hyperladung Supersymmetrie, die auch mindestens gebraucht werden, um den »up«- und »down«-artigen Quarks sowie den geladenen Leptonen ihre Masse zu geben. Schliesslich müssen auch noch die notwendigen supersymmetriebrechenden Terme addiert werden (der genaue Mechanismus der Symmetriebrechung ist noch unklar). Das MSSM erlaubt alle renormierbaren Wechselwirkungen, die mit Supersymmetrie-Erhaltung verträglich sind (B: Baryonenzahl, L: Leptonenzahl).

Falls alle supersymmetrischen Teilchen bedeutend schwerer als die Masse des Z-Bosons wären (d.h. mit Massen > 300 GeV), würden sie sich nicht in Strahlungskorrekturen der elektroschwachen Parameter bemerkbar machen und somit durch Präzisionstests des Standardmodells nicht auffindbar sein; das würde zumindest die Grössenordnung der symmetriebrechenden Terme einschränken.

Als Konsequenz der (Supersymmetrie)-Invarianz ist das MSSM auch invariant bezürlich der sog. R-Parität, wobei Supersymmetrie für ein Teilchen mit Spin S beträgt. Diese Formel impliziert, dass die Teilchen des Standardmodells immer gerade, ihre Superpartner hingegen immer ungerade R-Parität besitzen. Zerfällt also ein gewöhnliches Teilchen, werden supersymmetrische Teilchen immer paarweise produziert, die – da sie sehr instabil sind – schnell wieder in leichtere Teilchen zerfallen. Das leichteste supersymmetrische Teilchen (lightest supersymmetric particle, LSP) sollte dann allerdings stabil sein und, da es aus kosmologischen Gründen elektrisch neutral sein muss, sich ähnlich wie ein schweres Neutrino als fehlende Energie in einem Streuexperiment zeigen. Auf diese Signatur konzentriert sich hauptsächlich die SUSY-Suche. Ein LSP ist zudem ein guter Kandidat für die dunkle Materie.

Obwohl in der Natur bisher keine supersymmetrischen Partner der existierenden Elementarteilchen gefunden wurden, die Supersymmetrie also stark gebrochen ist, besitzt sie doch eine Reihe attraktiver Eigenschaften: a) Supersymmetrische Feldtheorien zeigen auf Grund sich gegenseitig kompensierender fermionischer und bosonischer divergenter Terme wesentlich verbesserte Renormierungseigenschaften (Renormierung); b) Supersymmetrie vereinheitlicht auf nicht-triviale und konsistente Weise innere und Raum-Zeit-Symmetrien; c) mit Hilfe einer lokalen Supersymmetrie können Supereichtheorien konstruiert werden; d) jede lokale Supersymmetrie enthält notwendig allgemeine Koordinatentransformationen und damit die Allgemeine Relativitätstheorie, erlaubt also die Formulierung einer Supergravitation. (Stringtheorie, Supergravitation)

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