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Gut

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Martina Wagner

gesamtes Tauwerk eines Schiffsmodells, unterteilt in „stehendes“ G. (Wanten, Stage), das nicht bedient wird und „laufendes“ G. zur Bedienung der Segel (Fallen, Schoten). Teilchenphysik, Grand Unified Theory, Grosse Vereinheitlichte Theorie, Sammelbegriff für Theorien, die die elektromagnetische, schwache und starke Wechselwirkung von Elementarteilchen durch ein einziges Grundprinzip zu beschreiben versuchen. Theorien, die auch noch die Gravitation mit einbeziehen, fallen unter die Bezeichnung Theorie für alles (engl. Theorie of Everything, TOE). Man erhofft sich durch eine solche GUT, die phänomenologischen Unterschiede zwischen den Wechselwirkungen besser verstehen und eine fundamentale Erklärung der verschiedenen Kopplungskonstanten finden zu können. Damit würde sich evtl. auch die Zahl der nur experimentell bestimmbaren Parameter des Standardmodells reduzieren. Die Suche nach einer vereinheitlichten Theorie wird vor allem durch die Tatsache motiviert, dass die energieabhängigen Kopplungs-»Konstanten« der drei Wechselwirkungen bei zunehmend höherer Energie konvergieren, um schliesslich bei einer sehr hohen Energie MX ~ 1015 GeV, der GUT-Skala, zusammenzulaufen. Die GUT-Skala liegt leider weit jenseits der experimentellen Möglichkeiten; trotzdem gibt es einen Test für GUT-Modelle, nämlich den von ihnen vorhergesagten und im Labor möglicherweise messbaren Protonzerfall. Die untere experimentelle Schranke liegt hierfür derzeit bei G-1(p GUT e+ + p0) = 6 · 1031 a. GUT-Modelle gruppieren generell Quarks und Leptonen in ein gemeinsames Multiplett, so dass Übergänge zwischen ihnen und damit ein Zerfall des im Standardmodell stabilen Protons möglich sind. Die quantitativen Voraussagen zum Protonzerfall bilden das entscheidende Unterscheidungsmerkmal verschiedener GUT-Modelle.

Die Wechselwirkungen des Standardmodells lassen sich aus der Symmetrie unter bestimmten Eichtransformationen, sog. Eichsymmetrien, ableiten, z.B. die starke Wechselwirkung aus einer SU(3)-Eichsymmetrie. Elektromagnetische und schwache Wechselwirkung ergeben sich zusammen als elektroschwache Wechselwirkung im Rahmen des GWS-Modells (Glashow-Weinberg-Salam-Modell) aus einer SU(2) ´ U(1)-Eichsymmetrie, die als direktes Produkt mit getrennten Eichtransformationen und Kopplungskonstanten und somit nicht als echte vereinigte Theorie aufzufassen ist. Die Suche nach einer GUT hat vielmehr die Konstruktion einer einfachen Eichgruppe GGUT zum Ziel, die nicht das direkte Produkt der Eichgruppen des Standardmodells ist, sondern dieses als Untergruppe enthält, also GGUT É SU(3) Ä SU(2) Ä U(1).

Die kleinste Gruppe dieser Art, die eine saubere Darstellung der Fermionen des Standardmodells mit den korrekten Quantenzahlen erlaubt, ist die SU(5). Zudem ist die SU(5)-Theorie frei von Anomalien, gibt eine vernünftigen Wert für den Weinberg-Winkel und lässt sich durch den Higgs-Mechanismus auf das Standardmodell brechen.

Obwohl die SU(5)-Theorie also ein attraktives Modell für eine GUT ist, spricht ihre vorhergesagte Proton-Lebensdauer von G-1(p GUT e+ + p0) = 4,5 · 1029±1,7 a gegen sie. Ausserdem wird die Anzahl der freien Parameter gegenüber dem Standardmodell sogar noch vergrössert, obwohl man sich von einer fundamentalen, vereinheitlichten Theorie eine Reduktion erhofft. Modelle mit grösseren Eichgruppen (SO(10), E6) enthalten noch mehr freie Parameter, so dass quantitative Vorhersagen nahezu unmöglich sind. Schliesslich haben nicht nur die SU(5)-Theorie, sondern nahezu alle GUT-Modelle, mit dem Hierarchie-Problem zu kämpfen: Um das sehr kleine Verhältnis der beiden Massenskalen MW (Standardmodell) und MX (GUT) nicht zu zerstören, müssen die Modellparameter der Higgs-Bosonen, welche die beiden Skalen zu vermischen drohen, in jeder Ordnung der Störungsreihe extrem genau abgestimmt werden - eine Eigenschaft, die man sich ebenfalls bei einer fundamentalen Theorie nicht wünscht.

Die Vorhersage der SU(5)-Theorie zum Protonzerfall wird verbessert, wenn man sie supersymmetrisch formuliert. Supersymmetrie ist eine Symmetrie zwischen Bosonen und Fermionen und hat zur Folge, dass in allen supersymmetrischen Theorien jedes Fermion einen bosonischen Super-Partner und umgekehrt besitzt. Da sich die bekannten Elementarteilchen nicht auf diese Weise einander zuordnen lassen, besitzen supersymmetrische GUT-Theorien mindestens doppelt so viele Teilchen wie die jeweiligen nicht-supersymmetrischen Versionen. Die Erweiterung des Teilchenspektrums verschiebt nun die GUT-Skala zu noch grösseren Energien hin, und damit verschiebt sich auch die Protonlebensdauer, die proportional zur vierten Potenz der GUT-Skala MX ist, zu experimentell nicht ausgeschlossenen Werten.

Supersymmetrische Theorien besitzen zwei weitere Vorteile: zum einen beschreiben sie, wenn die Supersymmetrie lokal formuliert wird, automatisch auch die Gravitation (Supergravitation) und eignen sich daher für die Vereinigung aller Wechselwirkungen, zum anderen reduzieren sie eine Reihe der quantenfeldtheoretischen Divergenzen, allerdings leider gerade nicht die, die mit der Quantisierung der Gravitation verknüpft sind. Dieses Problem lösen erst Superstring-Theorien, die Elementarteilchen nicht länger als punktförmige Objekte, sondern als eindimensionale »Fäden« auffassen. Die Suche nach einer fundamentalen String-Theorie gehört deshalb zu den stärksten Aktivitäten der theoretischen Elementarteilchenphysik. [UK]

GUT

GUT: Die laufenden Kopplungskonstanten g, g¢ und gs der elektroschwachen und starken Wechselwirkung scheinen bei hohen Energien gegen einen gemeinsamen Wert von etwa q ~ 1015 GeV zu »konvergieren« (q2: Impulsübertrag).

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