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Phononen

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Martina Wagner

Festkörperphysik, Schallquanten, Elementaranregungen der Gitterschwingungen eines Festkörpers. Die Namensgebung erfolgt in Analogie zu den Photonen als Quanten des elektromagnetischen Feldes. Klassisch lassen sich die Schwingungen der Gitterbausteine in der harmonischen und adiabatischen Näherung (Gitterschwingungen) durch die Wahl geeigneter Phononenkoordinaten (Normalkoordinaten, Schwingungen, kleine) als ein Ensemble ungekoppelter Oszillatoren der Frequenz Phononen auffassen. Dabei bezeichnet k den Wellenvektor der Gitterschwingung im i-ten Dispersionszweig (Phononen, r: Anzahl der Atome in einer Elementarzelle). Eine quantenmechanische Beschreibung führt auf ein diskretes Energiespektrum der Gitterschwingungen mit Phononen als Träger des Energiequants Phononen (Phononen: Plancksches Wirkungsquantum). Die Energie einer mit n Phononen angeregten Gitterschwingung vom Typ i und Wellenvektor k ist dann Phononen (Quantisierung der Gitterschwingungen), mit der Nullpunktsenergie Phononen der Phononen. Je nach Dispersionszweig der angeregten Schwingung unterscheidet man optische Phononen und akustische Phononen.

Phononen unterliegen der Bose-Einstein-Statistik und lassen sich daher auch als ununterscheidbare Teilchen eines idealen Gases (Phononengas) auffassen. Die Energiezustände des Phononengases sind im thermodynamischen Gleichgewicht analog zur Hohlraumstrahlung der Photonen nach der Planckschen Strahlungsformel verteilt. Dies erklärt die experimentell beobachtbare Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität: In Abweichung vom Dulong-Petitschen Gesetz verschwindet die spezifische Wärmekapazität eines Festkörpers für kleine Temperaturen auf Grund der Form der Phononenzustandsdichte gemäss T3 (Debyesches T3-Gesetz, Debyesche Theorie der spezifischen Wärmekapazität, Einstein-Modell). Ähnlich zum klassischen Gas kann im Phononengas Energietransport auch durch »Schallwellen« in Form von Fluktuationen in der lokalen Energiedichte erfolgen (Zweiter Schall).

Von Gitterschwingungen verursachte Übergänge können generell durch Streuprozesse an Phononen beschrieben werden, bei denen jeweils Energieerhaltung (Energiesatz) und Quasiimpulserhaltung (d.h. Impulserhaltung bis auf einen Gitterimpuls Phononen, mit G: reziproker Gittervektor) erfüllt sind. In der harmonischen Näherung verhalten sich Phononen dabei wie Quasiteilchen mit unendlicher Lebensdauer und Quasiimpuls Phononen (da keine effektive Schwerpunktsbewegung der kollektiven Anregung der Atome vorliegt, tragen Phononen keinen realen Impuls). Die bei der inelastischen Streuung von Neutronen oder Röntgenstrahlung auftretenden Energie- und Impulsüberträge entsprechen der Phononenabsorption oder -emission und führen direkt auf die Dispersionsrelation für Phononen.

Anharmonische Beiträge im Potential der Rückstellkräfte des Gitters können im Rahmen der Störungstheorie behandelt werden und führen auf endliche Lebensdauern der Phononen. Die damit verbundenen anharmonischen Wechselwirkungen der Phononen mit Elektronen, Gitterfehlern oder Kristallgrenzen sind für den Energieaustausch im Phononengas verantwortlich und bestimmen daher im wesentlichen die thermischen und elektrischen Transporteigenschaften von Festkörpern. Weitere anharmonische Effekte sind beispielsweise thermische Expansion, die Temperatur- und Druckabhängigkeit elastischer Konstanten oder Abweichungen vom Dulong-Petitschen Gesetz bei grossen Temperaturen. Auf Grund der Quasiimpulserhaltung treten bei den anharmonischen Phonon-Phonon-Wechselwirkungen neben Normalprozessen auch Umklapp-Prozesse auf, durch die selbst bei kleinen Temperaturen noch grosse Impulsüberträge im Phononengas vermittelt werden. In Metallen kommt es zu weiteren Effekten z.B. im Phononenspektrum (Kohn-Effekt) oder in der elektrischen Leitfähigkeit (Drag-Effekt).

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