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Auge

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Irene Kramer-Schwenk

Peripherer Teil des Sehorgans, das auf elektromagnetische Reize der Wellenlängen 350 nm bis 750 nm mit der Empfindung Licht reagiert. Das Auge hat die Form einer Kugel von 24 mm bis 26 mm Durchmesser, wird deshalb auch Augapfel genannt und ist innerhalb der Augenhöhle in Fettgewebe gelagert. Undurchsichtige Lederhaut und durchsichtige Hornhaut bilden die äußere Hülle des A., die Bindehaut verbindet den Augapfel mit den Lidern. Innerhalb des A. befindet sich die Aderhaut; sie sichert die Blutversorgung der weiter innen gelegenen Netzhaut mit ihren verschiedenen Schichten. Im vorderen Teil des A. am Übergang zwischen Hornhaut und Lederhaut geht die Aderhaut in den Strahlenkörper und die Regenbogenhaut mit der Pupille über. Der Strahlenkörper stützt mit seiner Muskulatur die Linse. Das A. ist von einer durchsichtigen gallertigen Substanz angefüllt, dem Glaskörper, dessen Struktur nur im Alter sichtbar wird. ’ Hornhaut, Vorderkammer, Linse, Glaskörper und Netzhaut bilden zusammen das optische System des A. Die einzige Öffnung des kapselartigen Augapfels stellt der Sehnerveneintritt nasal der Netzhautgrube dar, diese Stelle ist besonders empfindlich auf Druckunterschiede und deshalb bei grünem Star mit erhöhtem Augeninnendruck gefährdet. Oculus, Lichtsinnesorgan tierischer Organismen, das auf elektromagnetische Wellen im Bereich des sichtbaren Lichtes und teilweise darüber hinaus (200-800 nm Wellenlänge) reagiert. Augen bestehen aus zwei prinzipiellen Teilstrukturen: 1) den in der Zellmembran eingelagerten Sehfarbstoffen (Rhodopsin bzw. Bakteriorhodopsin), welche zur Absorption der Lichtquanten dienen, und 2) einem optischen Linsensystem zur Fokussierung des Lichtes auf die Lokalisation der lichtempfindlichen Biomakromoleküle und mit Blendeneinstellung zur Regelung der Lichtstärke.

Die biologische Evolution der Photorezeption tierischer Lebwesen entwickelte sich vornehmlich in die Richtung der Konzentration der Sehfarbstoffe und der lichtempfindlichen Zellen in einem Gewebe bzw. Organ zur Steigerung der Lichtempfindlichkeit, der Formierung eines optischen Abbildungssystems, der Spezialisierung von Sehfarbstoffen für einzelne Wellenlängen (Farbensehen) und der Verbesserung der Auswertung der optischen Information durch Nervenverbindungen mit spezialisierten Gehirnbereichen (u.a. räumliches Sehen durch kombiniertes Sehen eines Objektes zu verschiedenen Zeitpunkten oder mit mehreren Augen gleichzeitig, Vergleich der aktuellen optischen Eindrücke mit Bildern aus der Erinnerung oder der Information anderer Sinnesorgane).

Schon bei Einzellern findet man blasenartige Ausstülpungen des Protoplasmas, denen eine Linsenfunktion zukommt und welche einfallende Lichtstrahlen auf die Sehfarbstoffe konzentrieren sollen. Bei Einzellern werden ebenso Sehfarbstoffe mit unterschiedlicher spektraler Empfindlichkeit beobachtet (z.B. Grün-Rezeptoren bei Euglena). Mit den sogenannten Stigmen bzw. Augenflecken der Protozoen ist lediglich eine Hell-Dunkel-Wahrnehmung oder eine Wahrnehmung der Helligkeit (Lichtstärke) möglich. Einfache mehrzellige Organismen (Hohltiere, Seesterne, Muscheln, Ringelwürmer) vollziehen diese Hell-Dunkel-Wahrnehmung mit ihrem ganzen Körper bzw. mit exponierten Zonen der Körperoberfläche, wobei die Lichtregistrierung durch in der Haut verteilte Lichtsinneszellen erfolgt. Treten diese nicht mehr einzeln, sondern konzentriert auf, so spricht man von Flach- oder Plattenaugen (z.B. bei Quallen). Durch spezielle Anordnung der Lichtsinneszellen auf der Körperoberfläche ist eine ungefähre Lokalisierung der Lichtrichtung möglich. Eine deutliche Verbesserung des Richtungssehens wird bei einem Absenken des lichtempfindlichen Epithels in eine Invagination der Körperoberfläche erreicht (Grubenauge bei Lanzettfischchen, Strudelwürmern oder Schnecken). Für eine Gegenstandsabbildung ist es erforderlich, dass die die von einem Objektpunkt ausgehenden Lichtstrahlen (und nur diese) einen definierten Bereich des Sinnesepithels anregen (Bildsehen). Dies wird mit dem Lochauge der niederen Tintenfische erreicht. Dabei wird aus der Grube eine blasenförmige Ausstülpung mit einem Sehepithel (Netzhaut, Retina). Die Grubenöffnung verengt sich zu einem kleinen Sehloch (Pupille). Da die Menge der erregten Sehzellen mit dem Abstand des Objektes zum Sehloch korreliert, ist sogar ein Entfernungssehen bedingt möglich. Das nächste Entwicklungsstadium stellt das Blasenauge (höhere Tintenfische, Schnecken) dar. Es entsteht als blasenartige Einstülpung der Epidermis, welche durch eine Seh- und Pigmentzellenschicht ausgekleidet ist. Der Augeninnenraum ist vollständig mit Hilfe von durchsichtige Gewebsschichten (die am weitesten aussen liegende heisst Hornhaut) vom Aussenmedium abgeschlossen und mit lichtdurchlässigen Sekreten gefüllt, denen Linsenfunktion zukommt (ohne Akkommodation). Durch die Regulation des Pupillendurchmessers beim Blasenauge ist die Optimierung zwischen einem lichtschwachen, aber scharfen oder einem lichtstarken, aber unscharfen Bild möglich. Das Blasenauge ist als der evolutionäre Vorgänger des Auges der Wirbeltiere und einiger Tintenfische anzusehen.

Ein prinzipiell anderer Augentyp, das Facetten- oder Komplexauge, ist bei Insekten und Krebsen anzutreffen. Sie bestehen aus einzelnen Punktaugen, den Ommatidien, deren Anzahl bis zu 28000 (bei Libellen) erreichen kann. Jedes Ommatidium besitzt einen distalen lichtbrechenden Apparat, einen proximalen rezeptorischen Teil und ein ableitendes Axon. Die Einzelaugen sind durch Pigmentzellen voneinander optisch isoliert. Abzubildende Gegenstände werden in Einzelpunkte zerlegt und neural wieder zum Bild zusammengesetzt. Das räumliche Auflösungsvermögen der Komplexaugen ist wegen der geringen Überlappung der Einzelaugen der Insekten gering. Dies wird kompensiert durch die hohe zeitliche Auflösung der Abbildung und durch das schnelle Erfassen einer grossen Anzahl von Details. Komplexaugen sind offenbar zum Farbensehen befähigt. Das für Facettenaugen sichtbare Spektrum liegt im Bereich von 300-650 nm. Eine besondere Leistung liegt in der Wahrnehmung der Polarisationsebene des Lichtes. Ein Teil des Sonnenlichtes ist linear polarisiert. Schwingungsebenen und Stärke der Polarisation sind charakteristisch für den Sonnenstand. Durch Erkennung des Polarisationsmusters sind die Tiere in der Lage, sich auch bei bedecktem Himmel am Sonnenstand zu orientieren.

Das Auge der Wirbeltiere (Abbildung) besteht ebenso wie das Linsenauge einiger Tintenfische aus einem radialsymmetrischen Augapfel und Hilfseinrichtungen, welche der Bewegung und dem Schutz des Auges dienen (Muskel, Lid, Tränendrüsen). Der Augapfel enthält den dioptrischen Apparat. Dieses Linsensystem besteht aus der Hornhaut (Cornea), der Regenbogenhaut (Iris, dient als Blende), dem Kammerwasser in der Vorderkammer vor der Linse, der Linse selbst und dem Glaskörper, welcher das Innere des Auges ausfüllt. Da alle diese Elemente ähnliche Brechzahlen besitzen, kommt der Vorderfläche der Hornhaut, welche sich an der Grenze zur Luft befindet, die grösste Bedeutung bei der Abbildung zu. Die feine Entfernungseinstellung des Auges, die Akkommodation, wird durch die Krümmung der Linsenvorderfäche mit Hilfe der Augeninnenmuskulatur (Ciliarmuskulatur) geregelt. Durch die Blendeneinstellung mit der Iris kann der Pupillendurchmesser bis zum Faktor vier verändert werden. Er hängt ab von der Intensität des einfallenden Lichtes sowie von der Akkommodationseinstellung des dioptrischen Apparates (Behebung von Abbildungsfehlern durch die Erhöhung der Schärfentiefe). Die Adaptation des Auges, die Anpassung an verschiedene Lichtstärken, ist neben der Regulation der Pupillenweite auch durch verschiedene Eigenschaften der Sehzellen sowie in einigen Fällen durch die Retinamotorik (s.u.) möglich.

Der Augapfel wird von innen nach aussen ausgekleidet durch: 1) die Netzhaut (Retina) als Photonregistrator, 2) die Aderhaut (Choroidea) zur Ernährung und 3) die Lederhaut (als mechanischer Schutz und für die Formstabilität des Auges). Die Netzhaut enthält u.a. die photorezeptorische Zellen, Pigmentzellen zur gegenseitigen Abschirmung der Sinneszellen und Ganglienzellen, deren Axone sich im blinden Fleck sammeln und von dort über den Nervus opticus die optische Information in das Gehirn übertragen. Hier werden die von beiden Augen kommenden Bilder ausgewertet, so dass ein räumliches Sehen (binokulares Sehen) im Bereich der Gesichtsfeldüberlappung beider Augen möglich wird. Einige Tiere (Fische) sind in der Lage, bei zu hoher Intensität des einfallenden Lichtes die Sinneszellen tiefer zwischen den Pigmentzellen zu verbergen (Retinamotorik).

Der dioptrische Apparat des Linsenauges projiziert ein verkleinertes, umgekehrtes Bild auf die Netzhaut. Die Photonen werden von den Sehfarbstoffen in den Sinneszellen absorbiert. Es gibt zwei Typen von Photorezeptoren (Duplizitätstheorie des Sehens):

- die weniger lichtempfindlichen Zapfen, welche in drei Arten mit unterschiedlicher spektraler Empfindlichkeit existieren. Sie dienen dem Sehen bei hoher Lichtstärke und dem Erkennen von Farben. Ihre grösste Dichte erreichen sie im Zentrum der Netzhaut (Fovea centralis, gelber Fleck).

- die sehr lichtempfindlichen Stäbchen. Sie sind hauptsächlich in der Netzhautperipherie lokalisiert. Mit ihnen ist nur ein Hell-Dunkel-Sehen möglich (Dämmerungs- und Nachtsehen).

Von der Sehzellendichte und dem Verhältnis von Stäbchen zu Zapfen hängt die Sehschärfe und die Fähigkeit zum Tages- bzw. Nachtsehen ab. Der photochemische Vorgang, welcher der Absorption des Lichtquanten durch den Sehfarbstoff folgt, löst die Erregung der Nervenzellen, welche mit den Sinneszellen gekoppelt sind, aus. Schon innerhalb des Auges erfolgt eine primäre neurale Bearbeitung des optischen Signals durch Verschaltungen zwischen Ganglienzellen.

Das Auge der Wirbeltiere unterscheidet sich trotz einiger Ähnlichkeiten wesentlich von einem physikalischen Gerät wie z.B. einem Photoapparat: 1) Es besteht nicht die hohe Präzision in den abbildenden Flächen. 2) Das System ist nicht mit hoher Präzision zentriert. 3) Abbildungsfehler werden nicht durch entsprechende optische Elemente kompensiert. 4) Der funktionelle Leuchtdichtebereich (in Folge der Augenadaptation) ist um Grössenordnungen grösser als der von photomechanischen Geräten ähnlicher Empfindlichkeit. Das gerade noch wahrnehmbare Licht hat eine 10 - 10-fach geringere Intensität als das helle Sonnenlicht. 5) Die Empfängerschicht ist ständig funktionsbereit. Die trotz der Fehler 1-3 hohe Sehschärfe und die Erfüllung der Forderungen 4 und 5 werden durch die spezielle Konstruktion des Auges und besonders durch die komplizierte neurale Verrechnung der optischen Information im Gehirn erreicht. [FE]

Auge

Auge: Horizontalschnitt durch das menschliche Auge.

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